RD 29-04-2014 DEUTSCH

Dieser Artikel erschien am 29.04.2014 in der Niederländischen Tageszeitung “Reformatorisch Dagblad.”

Schweige nicht länger über Homosexualität

Heute vor genau 69 Jahren wurde das KZ Dachau von den Alliierten befreit. Vor einiger Zeit habe ich dieses ehemalige Konzentrationslager besucht. Der Besuch war für mich außergewöhnlich beeindruckend und konfrontierend. Plötzlich wurde mir nämlich klar, dass ich als Gefangener, trotz meines Pfarramtes, wohl keine Privilegien gehabt hätte.

Während ich über das verlassene KZ-Gelände laufe, denke ich an Amtsbrüder wie Martin Niemöller und J. Overduin, die hier inhaftiert waren. Sie haben beschrieben, wie schrecklich das Leben im KZ war. Unvorstellbar. Trotz allem hatten sie als Geistliche in gewissem Ausmaß noch eine besondere, mit kleineren Privilegien verbundene Position – im Vergleich mit anderen Gefangenengruppen. Mit diesem Gedanken tröste ich mich, denn damit hätte ich auch eine größere Chance gehabt das Elend des KZ überleben zu können.

Rosarote Winkel

Plötzlich ist da aber diese Tafel, die mich aus meinem Traum erwachen und die rosarote Wolke meiner Gedanken verschwinden lässt. „Homosexuelle“, so lautet auf Deutsch die Überschrift. Ich lese, ich spüre und ich weiß auf einmal: dort wäre Dein eigentlicher Platz gewesen, denn Du bist einer von denen. Mit der gleiche Veranlagung geboren. Über Jahre unbewusst und begraben unter vielerlei Lebensumständen. Nach einem ernsthaften Auto-Unfall aber, allmählich ans Licht gekommen, in einer Zeit in der ich völlig auf mich zurückgeworfen war. Und schließlich nach einer bodenlos tiefen Krise und viel innerlichen Kampf als Gegebenheit angenommen.

Die Rückseite der Tafel enthält eine Erläuterung. Es wird erklärt, dass Schwule von der SS besonders hart schikaniert wurden. Schluss mit Privilegien! Statt Schutz wegen der Amtskleidung hätte ich einen rosaroten Winkel tragen müssen. Damit wäre ich dann in einer der untersten Schubladen der Gefangenen gelandet. Und die Chance aufs Überleben wäre gleich Null gewesen.

Ich bin schockiert. Nie zuvor habe ich mich mit dieser Gruppe von Mitmenschen identifiziert oder verwandt gefühlt. Und nun das, ausgerechnet in Dachau! Im Hintergrund kommt es mir vor, als ob ich auf einmal – aus größter Entfernung – etwas spüre von dem Leid und der Not meiner schwulen Brüder während des Naziregimes. Zurückgesetzt, missbilligt, weggesteckt, beschmiert, geschmäht, verstümmelt und ermordet wegen etwas, wofür sie gar nichts konnten. Nicht angelernt, nicht angezogen, sondern so geboren. Nicht für eine bestimmte Zeitspanne, sondern für das ganze Leben…

Lebenslektion

Eine tiefe Lektion. Hinterher bin ich dankbar dafür. Aber in diesem Augenblick steht mir die Schamesröte im Gesicht. Und ich frage mich: wie lange „wir“ uns im 21. Jahrhundert innerhalb von Kirchen, auf Schulen und in Teilen der Gesellschaft noch verstecken müssen. Wo es gerade so passt, hat man kirchlich oder politisch ja längst felsenfest geglaubte Bastionen geschliffen.

Vor 69 Jahren ist Dachau befreit worden. Am Ende jenes beeindruckenden Vormittags, konnte ich das KZ-Gelände in Freiheit wieder verlassen. Im Vergleich mit jenen tausenden, die hier das Leben verloren haben oder fürs Leben gezeichnet wurden, ist das ein unbeschreibliches Privileg. Ohne einen rosaroten Winkel auf meinem schwarzen Revers, sondern bereichert mit einer Lektion fürs Leben.

Was nun? Einfach so weiter machen wie immer! Denn nichts in mir dachte in dem Moment auch nur daran, das Geringste von dieser Geschichte je kund zu geben. Ich habe wegen der Einschränkungen, als Folge meines Verkehrsunfalls, schon mehr als genug Sorgen im Kopf. Und wieso sollte ich jetzt meine eigene Fenster einwerfen und mich so verletzbar zeigen? Und: wie wird man reagieren, oder was sind die möglichen Konsequenzen?

Schockierend

In den Monaten nach Dachau begegne ich aber einigen sehr erschütternden Geschichten von jungen Leuten aus Reformierten Kreisen, die mit ihrer Identität und ihren Gefühlen verzweifelt ringen. Die Not, die ich bei diesen Kontakten spüre, ist schlechthin schockierend. Diese Menschen sind wegen ihrer Gefühle ratlos. Einige werden sogar in die Verzweiflung getrieben. Unbeschreibliche Tiefen öffnen sich. Sie müssen da durch – aber wie? Manchen bleiben fest in der Verzweiflung stecken. Ganz alleine! Um die Sache noch schlimmer zu machen, werden ihnen von alle Seiten – manchmal auch von der Kanzel – Steine statt Brot gegeben. In ihrer Einsamkeit beißen sie sich die Zähne daran kaputt, mit allen Konsequenzen.

Es dauerte in der Geschichte nach Dachau noch viele Jahre, bevor auch anerkannt wurde, was man schwulen Männern während des Naziregimes angetan hat. Jahrelang wurde derer Leid ignoriert. Sie waren ja nicht salonfähig. Sollte ich mich nun genauso verhalten? Und nach dieser Erfahrung schweigend einfach wegschauen? Obwohl ich einer von denen bin? Für mich wäre das der bequemste Weg gewesen.

Jemand hat einmal geschrieben: “Ich darf nicht länger schweigen.“ Nach meinem Besuch in Dachau spürte ich diesen Mahnruf auch immer mehr in mir. Von verschiedenen Seiten wird regelmäßig dazu aufgerufen, die schweigende Tabuisierung der Homosexualität in Reformierten Kreisen zu durchbrechen. Mit recht!

Ich hoffe, meine offenen Worte können dabei ein kleiner Beitrag sein, diese verhängnisvolle Schweigespirale zu durchbrechen. Nicht für mich, sondern an erster Stelle für alle namenlose Ringer – auch unter uns – welche manchmal ratlos sind und sich in ihrem einsamen Kampf von allen und jedem verlassen fühlen.

Zum Schluss möchte ich denjenigen noch folgendes ans Herz legen: 1. Tu Dir nichts Übles. 2. Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Das Schweigen und die Einsamkeit dürfen deswegen durchbrochen werden. Denn auch wenn es sich oft so anfühlt, Du bist nicht der einzige und außerdem auch nie wirklich alleine.

Mein Besuch an Dachau hat mit all dem eine ungekannte Dimension bekommen. Die Vergangenheit sprach und erteilte mir eine Lektion für die Gegenwart. Was die Zukunft bringt? Wir wissen es nicht, aber möge es Seine Hand sein, Der führt und schützt.

Der Niederländische Pastor Dustin Burggraaf (1980) ist Emeritus-Pfarrer der Wiederhergestellte Reformierte Kirche (Niederländisch: Hersteld Hervormde Kerk).

RD 29-04-2014

Onderstaand artikel verscheen op 29-04-2014 in het Reformatorisch Dagblad.

Zwijg niet langer over homoseksualiteit

Vandaag is het precies 69 jaar geleden dat kamp Dachau door de geallieerden werd bevrijd. Enige tijd geleden bracht ik een bezoek aan dit voormalige concentratiekamp. Dit was voor mij een buitengewoon indrukwekkende en confronterende ervaring. Plotseling werd mij namelijk duidelijk, dat ik hier als gevangene, ondanks mijn ambt, geen privileges zou hebben gehad. Hier een impressie.

Terwijl ik rondloop over het verlaten kampterrein denk ik aan ambtsbroeders als Martin Niemöller en J. Overduin die hier gevangen hebben gezeten. Zij hebben beschreven hoe vreselijk het leven in het kamp was. Onvoorstelbaar. Toch hadden zij als geestelijken nog in zekere mate een bevoorrechte positie, zeker ten opzichte van andere ‘soorten’ gevangenen.

Ik probeer mij voor te stellen hoe het geweest zou zijn als ik ten tijde van het duivelse nationaalsocialistische regime in het kamp terecht zou zijn gekomen. Als predikant-gevangene zou ik nog bepaalde privileges hebben gehad. Ik troost mij met die gedachte, want daarmee had ik ook een grotere kans gehad om de kampellende te overleven.

Roze driehoek

Maar plotseling is daar die ene poster die mij uit de droom haalt en de roze wolk van mijn gedachten uiteen doet spatten. “Homosexuelle”, zo luidt het Duitse opschrift. Ik lees, ik voel en ik weet: dáár zou jouw plaats geweest zijn, want jij bent één van hen. Met dezelfde geaardheid geboren. Jarenlang onbewust en begraven onder allerlei omstandigheden. Na een ernstig auto-ongeluk allengs aan het licht gekomen in een tijd dat ik volledig werd teruggeworpen op mezelf. Uiteindelijk na een peilloos diepe crisis en veel innerlijke strijd als gegeven aanvaard.

Op de achterkant van de poster staat een toelichting te lezen. Kort gezegd komt het erop neer dat homo’s door de SS bijzonder werden gechicaneerd. Weg privileges! In plaats van beschutting vanwege het ambtsgewaad zou een roze driehoek mijn deel geweest zijn. Daarmee was ik dan meteen in één van de onderste gevangenenklassen beland. En de kans op overleven nihil.

Ik sta perplex. Nooit eerder heb ik mezelf met deze groep medemensen vereenzelvigd of verwant gevoeld. En dan nu dit. Nota bene in Dachau! Op de achtergrond lijkt het alsof ik ineens – heel in de verte – iets aanvoel van het leed en de nood van mijn medegenoten tijdens het naziregime. Achtergesteld, afgekeurd, weggestopt, besmeurd, verguisd, verminkt en vermoord vanwege iets waar ze zelf niets aan konden doen. Niet aangeleerd, niet aangetrokken of aangedaan, maar zo geboren. Niet voor even, maar voor het leven.

Levensles

Een diepe les! Achteraf ben ik daar wel dankbaar voor, maar op dat moment staat het schaamrood me op de kaken. Ik vraag me af hoelang ‘wij’ ons in de 21e eeuw binnen kerkmuren, op scholen en in bepaalde delen van de maatschappij nog moeten verstoppen. Waar het zo uitkomt, heeft men immers kerkelijk of staatkundig al menig baken verzet. Maar dit terzijde.

Negenenzestig jaar geleden werd Dachau bevrijd. Aan het einde van die indrukwekkende morgen kon ik het kamp in vrijheid weer verlaten. In vergelijking met de duizenden die hier het leven lieten of er voor het leven getekend werden, is dat een onbeschrijflijk voorrecht. Geen roze driehoek op mijn zwarte revers, maar wel een levensles rijker.

Hoe nu verder? Gewoon zoals altijd, want er is op dat moment niets in mij wat er aan denkt om ook maar iets hiervan wereldkundig te maken. Ik heb door de beperkingen ten gevolge van genoemd ongeval immers al meer dan genoeg aan mijn hoofd. En waarom zou ik mijn eigen glazen ingooien door mezelf zo kwetsbaar op te stellen? En: wat zullen de reacties en de mogelijke consequenties zijn? Niet iedereen zal staan te juichen…

Schokkend

De maanden na Dachau kom ik echter in aanraking met een aantal schrijnende verhalen van reformatorische jongeren die met hun identiteit en hun gevoelens worstelen. De nood die ik in deze contacten proef, is ronduit schokkend. Mensen weten zich vaak geen raad met hun gevoelens. Sommigen worden erdoor zelfs de wanhoop ingedreven. Onbeschrijflijke diepten komen voorbij. Ze moeten er doorheen, maar hoe? Soms blijft men er in steken. Alléén! En tot overmaat van ramp krijgen ze van alle kanten – soms ook van de kansel – (in)direct stenen voor brood toegeworpen. Ze bijten er in hun eenzaamheid hun tanden op stuk, met alle gevolgen van dien.

Het heeft na Dachau nog jaren geduurd voordat ook homo’s erkenning vonden voor wat hen tijdens het naziregime is aangedaan. Jarenlang werd hun leed genegeerd en keek men de andere kant op. Zij waren immers niet ‘salonfähig’. Moet ik nu hetzelfde doen en na deze ervaring zwijgend de andere kant op kijken? Terwijl ik één van hen ben? “Gaat heen en wordt warm” (vgl. Jak. 2:16). Ja, mijn eigen straatje zou daarmee schoon blijven, dat wel…

Iemand schreef eens: „Ik mag niet langer zwijgen”. Meer en meer kreeg ik na mijn bezoek aan Dachau datzelfde gevoel. Van verschillende kanten klinkt met enige regelmaat de oproep om binnen de gereformeerde gezindte het zwijgen over en het taboe op homoseksualiteit te doorbreken. En terecht! Ik hoop met dit schrijven daaraan een kleine bijdrage te kunnen leveren. Niet voor mezelf, maar in de eerste plaats voor al die naamloze worstelaars – ook onder ons – die zichzelf vaak geen raad weten en zich in hun eenzame strijd van alles en iedereen verlaten voelen.

Tegen hen zou ik ten slotte twee dingen willen zeggen: 1. Doe jezelf geen kwaad. 2. Het is niet goed, dat de mens alleen zij. Daarom mogen het zwijgen en de eenzaamheid doorbroken worden, want ook al voelt het vaak wel zo, je bent niet de enige en bovendien ten diepste ook niet alleen.

Mijn bezoek aan Dachau kreeg met dit alles een ongekende dimensie. Het verleden sprak en bood lessen voor het heden. Wat de toekomst brengt? Wij weten het niet, maar moge het Zijn hand zijn, Die leidt en beschermt.

De auteur (1980) is emeritus predikant in de Hersteld Hervormde Kerk.